Margot Robbies quasselstrippige Antiheldin Harley Quinn war einer der ganz wenigen Lichtblicke im unterirdischen DC-Superschurken-Vehikel «Suicide Squad». Folgerichtig ist sie auch die einzige Figur daraus, die ihren eigenen Film bekommen hat: «Birds of Prey» ist ein rasantes popfeministisches Durcheinander – und damit einer der besseren Titel im DC-Katalog.
Dass Regisseurin Cathy Yan und Drehbuchautorin Christina Hodson («Bumblebee») mit Harley Quinn Grosses vorhaben, zeigt schon der vollständige Titel ihres Films: «Birds of Prey (and the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)» heisst der Spass. Mit einer Prise publikumswirksamer Quirkiness hier, einem Verweis auf den feministischen Anspruch dort, dazu dem selbstironischen Eingeständnis, mehrere Geschichten auf einmal zu erzählen, nehmen Yan und Hodson die Herausforderung in Angriff, Harley von einer Figur mit Potenzial in einen stimmigen Charakter zu verwandeln.
«Mit einer Prise publikumswirksamer Quirkiness hier, einem Verweis auf den feministischen Anspruch dort, dazu dem selbstironischen Eingeständnis, mehrere Geschichten auf einmal zu erzählen, nehmen Yan und Hodson die Herausforderung in Angriff, Harley von einer Figur mit Potenzial in einen stimmigen Charakter zu verwandeln.»
Denn so positiv Margot Robbies Performance auch aus dem unsauber zusammengeschusterten «Suicide Squad» (2016) herausstach, so sehr bestand bei der Harley Quinn, die Regisseur David Ayer dort präsentierte, Überarbeitungsbedarf. Seine Vision der beliebten Batman-Gegenspielerin beschränkte sich auf das Allernötigste: Sie ist die Freundin des Jokers und hat eine Vorliebe für schrille Kleidung mit knappem Schnitt. Es war Robbies beträchtliches Charisma, das dieses unbefriedigend konzipierte Konstrukt überhaupt erst zu so etwas wie einer Figur machte.
«Birds of Prey» macht von Anfang an reinen Tisch: Der Joker hat sich von Harley getrennt, die sich nun fortan allein durchschlagen muss. Sie bezieht eine kleine Wohnung, besorgt sich eine Hyäne als Haustier und ertränkt ihre Trauer im Club von Roman Sionis (Ewan McGregor) im Alkohol – wohlbedacht darauf, niemandem von ihrem neuen Beziehungsstatus zu erzählen, da sie die Nähe zum gefürchteten «Clown Prince of Crime» jahrelang so gut wie unantastbar gemacht hat. Doch dann treten die für Sionis arbeitende Sängerin Dinah (Jurnee Smollett-Bell), die Polizistin Renee (Rosie Perez), die Taschendiebin Cassandra Cain (Ella Jay Basco) und eine mysteriöse Armbrustschützin (Mary Elizabeth Winstead) in ihr Leben und sorgen dafür, dass bald halb Gotham City hinter ihr her ist.
Erzählt wird das in der überkandidelt selbstreflexiven «Deadpool»-Manier, die gut zur Protagonistin passt: Margot Robbie führt per Voiceover und mit Kommentaren in die Kamera durch verschachtelte, chronologisch durcheinandergewirbelte Unterwelt-Kapriolen, die in regelmässigen Abständen in ansprechend inszenierten Verfolgungsjagden und Kampf-Choreografien gipfeln.
«Gerade im Vergleich zu einem ‹Suicide Squad› oder einem ‹Justice League›, wo etwa Wonder Woman deutlich an Komplexität verlor, ist dieser Film eine Demonstration, wie positiv die Präsenz von Frauen hinter der Kamera die Frauenfiguren vor der Kamera beeinflusst.»
Doch die unzähligen Winkelzüge der letztlich ziemlich austauschbaren Handlung lenken irgendwann auch von den wirklich gelungenen Elementen des Films ab: «Birds of Prey» unterhält nämlich dann am besten, wenn Gothams Intrigen in den Hintergrund treten und Harley mit Cassandra, Dinah und Renee interagieren kann. Gewisse Momente mögen etwas bemüht wirken, als hätte die Marketingabteilung von DC Comics und Warner Bros. ein paar zahme Girl-Power-Slogans für die T-Shirt-Produktion ins Drehbuch eingefügt. Aber gerade im Vergleich zu einem «Suicide Squad» oder einem «Justice League» (2017), wo etwa Wonder Woman deutlich an Komplexität verlor, ist dieser Film eine Demonstration, wie positiv die Präsenz von Frauen hinter der Kamera die Frauenfiguren vor der Kamera beeinflusst.
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Kinostart Deutschschweiz: 6.2.2020
Filmfakten: «Birds of Prey» / Regie: Cathy Yan / Mit: Margot Robbie, Jurnee Smollett-Bell, Mary Elizabeth Winstead, Rosie Perez, Ella Jay Basco, Ewan McGregor / USA / 109 Minuten
Bild- und Trailerquelle: 2020 Warner Bros. Ent.
Nach der Enttäuschung von «Suicide Squad» wirkt «Birds of Prey» erfrischend: Trotz austauschbarer Handlung erfüllt die Figur Harley Quinn ihr Potenzial – auch dank neuer Mitstreiterinnen.
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[…] | Alan Mattli @ Maximum Cinema […]