Ein Motelzimmer, zwölf Geschichten. Das ist die (Erfolgs-)Formel der neuen Anthologieserie der Duplass-Brüder, «Room 104». Innerhalb dieses kreativen Rahmens springt die Serie von Genre zu Genre, mal leichtfüssig, mal unheimlich, mal lustig, mal berührend – einzig der skurrile Unterton bleibt.
Mit «Room 104» hat sich Brüderpaar Mark («Togetherness», «Animals») und Jay Duplass («Transparent») ein klares und simples kreatives Korsett auferlegt: Jede der zwölf Folgen ihrer Anthologieserie sollte im selben Motelzimmer spielen, diesen Schauplatz nie verlassen und auf ein halbstündiges Format reduziert sein. Was alles andere, von Genre, über Zeitraum, zu Figuren, Handlung und Atmosphäre betrifft, waren der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das Resultat sind zwölf unabhängige, in sich geschlossene Geschichten, die jedoch – neben dem Setting – eine gewisse skurrile Stimmung gemein haben, die einen etwa an Raymond Carvers Kurzgeschichten erinnern. Da ist etwa ein Babysitterauftrag, der eine unerwartete Wendung nimmt («Ralphie»), oder eine spirituelle Seance via DVD-Player im Motelzimmer («The Knockadoo»).
Wie man es im Fernsehen (leider) nicht allzu oft sieht, liegt die Stärke von «Room 104» in genau dieser Beschränkung. Durch die strenge Versuchsanordnung des Motelzimmers scheinen die Brüder Duplass eine kreative Kraft freigesetzt zu haben, die seinesgleichen sucht. Jede einzelne Folge ist packend, einzigartig und macht Lust auf mehr. In ihrer Summe sind die zwölf individuellen Geschichten dennoch ein abgerundetes, bemerkenswertes Stück Fernsehen. Die visuelle Qualität scheint eher für die Grossleinwand bestimmt. Mit der kühlen, ästhetisierten Bildsprache durchkreuzt von neonfarbenen Akzenten ist der Fernsehschirm fast zu schade für «Room 104». Das bemerkenswerte Ensemble an Schauspielerinnen, wie etwa Amy Landecker, Orlando Jones, James Van Der Beek, Philip Baker Hall oder Mae Whitman (um nur wenige zu nennen), bringt die Geschichten erst richtig zum Leben. Das Motelzimmer als Schauplatz ist dabei nicht nur arbiträre Szenerie, sondern bietet sich als gesellschaftliches und kulturelles Paradigma der amerikanischen Imagination perfekt an als Folie für die skurrile Sensibilität der beiden Schöpfer. Ihre ganz eigene künstlerische Handschrift haben Duplass-Brüder schon in Filmen wie «The One I Love» oder Serien wie «Togetherness» und «Animals» bewiesen. Mit «Room 104» haben sie scheinbar das perfekte Vehikel gefunden.

Ein Motelzimmer, zwölf Geschichten: «Room 104»
«Room 104» ist aktuell auf HBO zu sehen. Eine zweite Staffel ist bereits angekündigt.
Creators: Jay & Mark Duplass / DarstellerInnen: Jay Duplass, Orlando Jones, James Van Der Beek, Mae Whitman, Amy Landecker, Philip Baker Hall, uvm.
Bild- und Trailerquelle: HBO.
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